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cannabis in der medizin

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In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlor Cannabis in der Medizin vor allem durch fehlende Evidenz sowie durch den medizinischen Fortschritt und die Entwicklung spezieller Pharmazeutika für sämtliche Anwendungsgebiete von medizinischem Cannabis auch weltweit stark an Bedeutung. Einen erneuten Wendepunkt stellte in den 1990er Jahren die Entdeckung des körpereigenen Endocannabinoid-Systems mit seinen Cannabinoidrezeptoren dar. In den Folgejahren mehrten sich außerdem die Berichte über schwerkranke Patienten:innen, die durch den Konsum von Cannabis ihre subjektive Lebensqualität deutlich verbessern konnten – trotz dennoch nicht eindeutiger Studienlage. In Deutschland wurde der Eigenanbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken sowie der Bezug über die Apotheke für einige Patienten:innen per Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gestattet, wodurch die Thematik auch in den gesellschaftlichen Fokus rückte und der Handlungsdruck auf die Politik stetig wuchs.

 

Durch das schließlich am 19. Januar 2017 einstimmig vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz „Cannabis als Medizin“ darf Cannabis seit März 2017 wieder zu medizinischen Zwecken auf Kassenrezept verordnet werden. 2018 wurden bereits gut 60.000 Menschen mit insgesamt 95.000 Rezepten für Cannabinoid-Arzneimittel versorgt.

Cannabinoide

Mit dem Begriff „Cannabinoide“ wird eine heterogene Gruppe pharmakologisch aktiver Substanzen bezeichnet, die eine Affinität zu den Cannabinoid-Rezeptoren des menschlichen Körpers aufweisen. Unterschieden wird dabei meistens zwischen synthetischen und endogenen (dh im menschlichen Körper gebildeten) Cannabinoiden sowie denen pflanzlichen Ursprungs, etwa in der Hanfpflanze – den sogenannten Phytocannabinoiden. Die in der medizinischen Anwendung von Cannabis bedeutsamsten der über 100 bekannten Phytocannabinoide sind Δ⁹-trans-Tetrahydrocannabinol (THC) sowie Cannabidiol (CBD).

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THC

Δ⁹-trans-Tetrahydrocannabinol, kurz THC, ist durch seine psychotrope Wirkung maßgeblich für die „typischen“ Effekte von Cannabis verantwortlich, insbesondere seine Psychoaktivität. In Untersuchungen zeigten sich bereits zahlreiche therapeutisch nutzbare Wirkungen des Cannabinoids, unter anderem:

  • antinozizeptiv

  • antiemetisch

  • antikachektisch

  • Tic-reduzierend bei Patient:innen mit Tourette-Syndrom

  • Beruhigungsmittel (abhängig von der Dosierung)

  • neuroprotektiv

  • synergetisch bei kombinierter Therapie mit Opioiden, wodurch die Menge einzunehmender Opioide sowie deren Nebenwirkungen reduziert werden können

CBD

Cannabidiol, kurz CBD, ist im Gegensatz zu THC nur sehr schwach psychoaktiv und hat dementsprechend eine kaum berauschende Wirkung. Es gilt daher auch nicht als Betäubungsmittel, verfügt aber dennoch über einige medizinisch wertvolle Eigenschaften und kann unter anderem auf folgende Art und Weise wirken:

  • anxiolytisch

  • sedativ sowie spasmolytisch

  • antiemetisch, antikonvulsiv, neuroprotektiv, antiphlogistisch

 

Patient:innen mit behandlungsresistenten Formen von Epilepsie und anderen neurologischen Entwicklungsstörungen berichten außerdem von einer verbesserten Lebensqualität durch eine Behandlung mit CBD, meist ohne dass dabei  starke Nebenwirkungen auftreten.

Die Wirkung von Cannabidiol wird darüber hinaus als anders zu THC beschrieben und kann so bei kombinierter Anwendung dessen Nebenwirkungen abmildern.

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Flower Boy

Terpene

Bei Terpenen und Terpenoiden handelt es sich um ein breites Spektrum chemischer Verbindungen, die in Früchten, Pilzen und zahlreichen anderen Organismen zu finden sind – so auch in Cannabis. Bereits über 100 verschiedene Terpene wurden in Cannabispflanzen identifiziert, wobei das Terpenprofil einer einzelnen Pflanze je nach Anbaubedingungen stark variieren kann. Terpene sind maßgeblich für das Aroma einer Cannabispflanze verantwortlich, can aber auch medizinisch von vielfältigem Nutzen sein. Die hohe Anzahl vorhandener Terpene und die unterschiedlichen Wechselwirkungen, die sie sowohl als auch mit Cannabinoiden wie THC und CBD haben, führen dazu, dass Cannabisblüten und Cannabisvollextrakte je nach Sorte sehr unterschiedliche Wirkungen haben können. Für die therapeutische Praxis birgt dies eine Vielzahl von Möglichkeiten, da die Behandlung durch eine selektive und unerwünschte Cannabisblüten-Wahl individuell an die Bedürfnisse des:der Patient:in angepasst und Nebenwirkungen reduziert werden können.

Der Entourage-Effekt umschreibt medizinisch nutzbare Synergien, die bei der Kombination von Terpenen und Cannabinoiden entstehen können. Er kann sowohl über pharmakokinetische Effekte, Bioverfügbarkeit und Löslichkeit therapeutisch nutzbarer Bestandteile der Cannabispflanze verbessern als auch zu einer kombinierten Wirkung auf verschiedene therapeutische Zielstrukturen beitragen.

Cannabis-Arzneimittel

Medizinalcannabis kann auf unterschiedliche Art und Weise an Patienten:innen abgegeben werden. Das am besten geeignete Arzneimittel und die Applikationsform sind dabei stark indikations- und patientenabhängig und sollten von Ärzt:in und Patient:in unter Beachtung von Symptomen und individuellen Begleitumständen gemeinsam gefunden werden.

Cannabisblüten stellen die weltweit verbreitetste Darreichungsform von Medizinalcannabis dar. Die Blüten der Pflanze Cannabis sativa L. werden in getrockneter Form an Apotheken geliefert und anschließend entweder granuliert oder unzerkleinert an die Patientinnen abgegeben. Zu Beginn einer Therapie mit Cannabisblüten können die interindividuellen Wirkungsschwankungen einer Sorte eine gewisse „Try-and-Error“-Phase erforderlich machen, während der:die Patientin:in unterschiedlichen Cannabisblüten Effekte und mögliche Nebenwirkungen erprobt, um so das für sich optimale Arzneimittel zu finden.

Appliziert werden can Medizinalcannabisblüten auf zwei unterschiedlichen Wegen:

  • Verdampfung mittels eines Vaporisators zur Inhalation

  • Teezubereitung zur peroralen Einnahme

 

Übrigens: Besonders im Bereich des Freizeitkonsums werden die variierenden Effekte verschiedener Cannabissorten weiterhin oft mit der botanischen Gattung der Pflanze (Sativa, Indica, Ruderalis) in Verbindung gebracht – aus wissenschaftlicher Sicht ist dies aber nicht haltbar. Beispielsweise ist es der „Fingerabdruck“ einer jeden Cannabispflanze, deren Wirkung ausmacht und sich insbesondere aus dem oben beschriebenen individuellen Terpenprofil sowie der Cannabinoidzusammensetzung ergibt.

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Doctor and Patient

Wirkeintritt und Wirkdauer von Cannabisarzneimitteln

Wirkeintritt und Wirkdauer von Medizinalcannabis hängen stark vom ausgewählten Therapeutikum und der Applikationsform ab.

 

So setzt die Wirkung bei Inhalation nach Verdampfung von Cannabisblüten nach wenigen Minuten ein und dauert bis zu vier Stunden an.

 

Bei peroraler Einnahme – beispielsweise eines Cannabisvollextraktes – vergehen dagegen oft 30 bis 90 Minuten, bis Effekte eintreten, die dann aber meistens länger andauern.

 

Daher sollte bei der Wahl des Arzneimittels und der Applikationsform stets auch die zu behandelnde Symptomatik im Blick behalten werden – beispielsweise lassen sich akute Schmerzanfälle mit einem unmittelbar wirkenden Therapeutikum natürlich deutlich effektiver behandeln als mit solchem, bei dem der Effekt erst zeitverzögert eintritt.

Cannabis in der Medizin

Mögliche Nebenwirkungen von Cannabistherapeutika

Fälle von lebensbedrohlichen Fällen nach Cannabisvergiftungen sind beim Menschen bislang nicht bekannt. Bei Studien mit Affen traten selbst nach Gabe von 9.000 mg THC pro Kilogramm Körpergewicht keine Todesfälle auf.

kann es durch cannabinoide Arzneimittel zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen, deren Intensität wie bei anderen psychotropen Mitteln stark von der erwarteten Dosis abhängig ist. Insbesondere bei Dronabinol und Cannabisblüten sowie -extrakten mit hohem THC-Gehalt ist es daher empfehlenswert, die Behandlung mit einer eher niedrigen Dosis zu beginnen und diese im Anschluss schrittweise zu erhöhen. Zu Nebenwirkungen zählen unter anderem:

  • psychische Veränderungen wie Angstzustände, Alpträume und Paranoia

  • Palpitationen und Tachykardie

  • Vasodilatation und Hypotonie

  • Störungen des Verdauungstrakts wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfall

  • Benommenheit, Sehstörungen und Schwindel

 

Kontraindikationen für eine Behandlung mit Cannabis sind insbesondere schwere Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Überempfindlichkeit gegenüber THC, Schwangerschaft/Stillzeit, Persönlichkeitsstörungen sowie bestimmte psychische und psychotische Erkrankungen.

Die meisten Wechselwirkungen mit anderen Therapeutika sind pharmakodynamischer Natur. Die sedierenden Eigenschaften bestimmter Medikamente können sich in Kombination mit THC verbessern.

Wirkeintritt und Wirkdauer
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